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Informationsveranstaltung vom 30.01.2023

Wärmepumpen, Photovotaikanlagen und wichtige steuerliche Änderungen

Großes Interesse der Mitglieder bei Haus & Grund Infoveranstaltung Singen.

Die Themen Wärmepumpen und Photovoltaik- Anlagen (PV) trafen den Nerv der Mitglieder des Haus- und Grundeigentümervereins Singen/Hegau. Mehr als 300 private Immobilienbesitzer füllten den Saal in der Singener Bildungsakademie. Hohe Energiepreise und gesetzliche Vorgaben setzen das Thema „alternative Energien“ und die Möglichkeiten, damit günstigere Energiequellen zu erschließen, in den Fokus.

Haus & Grund-Vorsitzender Bernhard Hertrich begrüßte die Referenten Michael Kumpf, vereidigter Sachverständiger für das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk, Bene Müller, Vorstand der Solarcomplex AG, sowie den Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Raphael Hertrich. „Diese Themen berühren uns alle“, so Bernhard Hertrich.

Michael Kumpf gab zunächst einen Überblick über die steigende Nachfrage, die sich seit 20 Jahren auf mehr als 150.000 Anlagen verzehnfacht habe. Zunehmende Sensibilität der Verbraucher treffe da auf den wachsenden politischen Willen zur Energiewende. „Bis 2024 möchte die Politik eine Steigerung auf 500.000 Anlagen“, so Kumpf. Er habe allerdings Bedenken, ob Handwerk und Produktion diese Zahl schaffen könnten.

Was mache die Wärmepumpe so interessant?

Sie ermögliche eine Stromheizung ohne Verbrennungsrückstände vor Ort. Aus einer zugeführten Kilowattstunde (KWh) Strom, die die Wärmepumpe antreibt, erzeuge sie 3,5 bis 4,5 KWh Wärme. Allerdings, räumte Kumpf ein, sollte der zugeführte Strom für die Pumpe optimalerweise aus regenerativen Quellen kommen, am besten aus der eigenen Photovoltaik (PV) – Anlage. Die Wärmepumpe kann aus der Luft, aus der Erde oder aus Grund- oder Abwasser Wärme entziehen. Temperaturunterschiede von wenigen Grad Celsius werden genutzt und reichen aus, um eine Wohlfühl-Raumtemperatur zu erzielen. Auch über sogenannte Eisspeicher könne die Pumpe laufen. Der nutzt den Wechsel der Aggregatzustände zur Energiegewinnung.

Im Neubau ist der Einbau unproblematisch, da eine gute Wärmedämmung der Außenhülle bereits eine niedrige Vorlauftemperatur der Heizung und so eine optimale Nutzung der Wärmepumpe ermöglicht. Diese niedrige Vorlauftemperatur könnte bei Bestandsimmobilien ggf. schwierig werden, räumt Kumpf ein, aber der Einbau sei nicht unmöglich. „Das können Sie ausprobieren, indem Sie alle Heizkörper voll aufdrehen und dann allmählich die Vorlauftemperatur senken. Solange, bis der kälteste Raum noch ausreichend versorgt wird.“, empfiehlt Kumpf. Fußbodenheizungen oder große, flächige Heizkörper eignen sich am besten. Pro gesenkter Vorlauftemperatur um ein Grad ergebe sich eine Wirkungsverbesserung von 2,5 Prozent. Zu beachten ist allerdings dabei, dass die Warmwassertemperatur aufgrund der Trinkwasserverordnung auf mindestens 60 Grad bleiben soll, um die Legionellengefahr zu mindern. Aktuell gelte, Systeme, die eine niedrige Temperatur brauchen, müssen einen ausreichenden Durchlauf haben. Gesundheit habe auf jeden Fall Vorrang.

Man müsse außerdem die Schallwahrnehmung einer Anlage berücksichtigen. „Die modernen Anlagen sind viel leiser geworden. Aber reden Sie vorher mit Ihren Nachbarn und stellen Sie die Pumpe möglichst nicht direkt an die Grenze“, so Kumpf. Bei der Dimensionierung der Anlage empfiehlt er, eher großzügiger zu planen, um etwaige Abschaltzeiten, zum Beispiel bei Nacht, ausgleichen zu können. Eine intensive, individuelle Beratung durch einen Fachbetrieb sei in jedem Fall ein Muss, besonders aber bei Sanierungsobjekten.

Solarstrom als günstigste Energiequelle

Bene Müller schloss sich an mit Informationen zu PV-Anlagen. „Heute geht es nicht mehr um die Frage, bis wann sich eine Anlage rentiert hat“, sagt er. „Heute geht es um die Senkung der eigenen Stromkosten, die sich aktuell auf 40 bis 60 Cent pro kWh belaufen. Solarenergie war früher teuer. Heute ist sie die günstigste Stromquelle“, so Müller. Vor 20 Jahren habe man noch 5500 Euro pro kWh für Solarenergie ausgeben müssen. Heute rechne man mit 700 Euro pro kWh. Gleichzeitig habe sich die Flächeneffizienz verdoppelt. Bei Kosten von rund 20.000 Euro für eine 9 KW Anlage und 25 Jahre Nutzungsdauer – jährliche Betriebskosten inklusive – und einem jährlichen Stromertrag von 950 kWh/kW ergebe sich ein Betrag von 9,2 Cent/kWh.

„Die Wirtschaftlichkeit kommt vom Eigenbezug“, macht er deutlich. Einspeisung spiele kaum eine Rolle mehr. Müller empfiehlt auch nicht nur an die Bestückung auf Süddächern zu denken. „Auch Ost, West und Nordflächen lohnen sich. Sogar Fassaden bringen noch rentablen Strom.“ Müller nennt als Beispiel die Ostfassade des Gebäudes von Solarcomplex. „Hier erzeugen wir immerhin noch Strom für 17,5 Cent pro kWh.“ Auf Süddächern nennt Müller eine Kostenkalkulation bei großen Flächen von ca. 5 Cent, bei mittleren Dächern von ca. 7 Cent und bei kleinen Einfamilienhausdächern von ca. 10 Cent pro kWh an. Um kostengünstig zu bleiben, empfiehlt Müller, auf jeden Fall Standard-Module einsetzen zu lassen, keine Sonderanfertigungen. Als große, lohnende Nutzungsbereiche nennt er E-Mobilität, Solarbatterie (sofern nachts Strombedarf besteht) und / oder Wärmepumpe. Müller weist darauf hin, dass der Strombedarf sich in den kommenden Jahren eher noch steigern wird. Als Beispiele nennt er den steigenden Kühlbedarf, der natürlich im Jahres- und Tagesverlauf genau zum solaren Angebot passe. Wo im Sommer Kühlbedarf bestehe, wie in Krankenhäusern, Arztpraxen, Supermärkten oder Gastronomie aber auch in Wohngebäuden seien PV-Anlagen betriebswirtschaftlich notwendig. Darüber hinaus böten sie doppelten Nutzen: Strom ernten und gleichzeitig Verschattung durch die Solar-Module. Als weiteren Faktor sieht Müller, dass moderne Solarflächen auch ein ästhetisches Element auf Dächern und Fassaden ermöglichen würden.

Aktuell gibt es auch Entlastungen im Steuerrecht: Einnahmen von PV-Anlagen auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bis 30 kWp sind ertragssteuerbefreit. Es muss kein Gewinn ermittelt werden. Das gilt rückwirkend zum 1. Januar 2022. Ebenso entfällt die Umsatzsteuer seit 1. Januar 2023 bei Anlagen bis 30 kWp einschließlich Stromspeicher.

» Vortrag Solarstrom (PDF-Download)

Entlastungen im Steuerrecht

Dazu informierte Raphael Hertrich die Zuhörer. Hertrich ging zunächst auf die Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen ein. Dazu gehören die Erneuerung der Heizungsanlage, der Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung sowie die Optimierung von bestehende Heizungsanlagen, sofern sie älter als zwei Jahre sind. Gefördert werden 20 Prozent der Aufwendungen und zwar nicht nur Arbeits- sondern auch Materialaufwendungen, maximal 40.000 Euro, das heißt, das Sanierungsmaßnahmen im Umfang von 200.000 Euro förderfähig sind. Die Förderung ist zeitlich beschränkt auf den Zeitraum zwischen 1. Januar 2020 und 1. Januar 2030. Die Steuerermäßigung kommt nur dem Eigentümer oder wirtschaftlichen Eigentümer zugute. Und er muss selbst durch die Maßnahme wirtschaftlich belastet sein. Die Steuerermäßigung kann auch für mehrere Objekte in Anspruch genommen werden und diese können auch im EU-Ausland etwa als Ferienwohnung liegen. D er Höchstbetrag beträgt allerdings für alle zusammen 40.000 Euro. Bei Verkauf oder Vererbung kann der Rechtsnachfolger erneut die Förderung in Anspruch nehmen.

Wichtig bei PV-Anlagen oder Wärmepumpen: die Maßnahme muss von einem Fachunternehmen ausgeführt und von diesem bescheinigt und eine Rechnung gestellt werden. Eigenleistungen sind nicht begünstigt. Die Steuerermäßigung kann auf drei Jahre verteilt werden, im ersten und zweiten Jahr mit 7 Prozent (je 14.000 Euro) im dritten Jahr mit 6 Prozent (12.000 Euro). Für energetische Sanierungsmaßnahmen gilt, dass sie das Objekt über den ursprünglichen Zustand hinaus wesentlich verbessern müssen. Eine deutliche bürokratische Entlastung gilt seit 1. Januar 2023 für die Besitzer kleiner PV-Anlagen bis 30 kWp. Hier entfallen nun die bisher notwendigen Steuererklärungen für Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer. Letztere wird auf Null gesetzt. Die Umstellung verläuft automatisch ohne weitere Antragsstellung.

Bernhard Hertrich und Geschäftsführer Florian Zimmermann verwiesen auf die individuelle Beratungsmöglichkeit beim Haus- und Grundeigentümerverein für alle weiteren Fragen.

Im Bild:

Im Gespräch anlässlich der Infoveranstaltung des Haus- und Grundeigentümervereins Singen, in der ersten Reihe von links: Bene Müller, Vorstand der Solarcomplex AG, Michael Kumpf, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk, Bernhard Hertrich, Vorsitzender Haus & Grund, Pius Netzhammer, 2. Vorsitzender Haus & Grund, Markus Pfoser, Schatzmeister Haus & Grund und Raphael Hertrich, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater.

Bild: Claudia Kipker-Preyss